Sabine Polegek
„Kaiserherberge“ Goldenes Kreuz
Das spätere Goldene Kreuz wurde Mitte des 13. Jahrhunderts als repräsentativer Geschlechterturm erbaut und diente in den folgenden Jahrhunderten mehreren wohlhabenden Adels- und Kaufmannsfamilien als Residenz in der Stadt. Ab dem 16. Jahrhundert entwickelte sich das Haus u. a. dank seiner zentralen Lage am Haidplatz in unmittelbarer Nähe zum alten Rathaus und der neuen Waag zu einer vornehmen Herberge für hochrangige Gäste. Auf der Reise zu seiner Krönung nach Aachen im Jahr 1531 übernachtete hier zum Beispiel der Habsburger König und spätere Kaiser Ferdinand I. (1503-1564). Während den Reichstagen von 1532 und 1541 sowie dem Religionsgespräch 1546 diente das Haus dessen Bruder Kaiser Karl V. (1500-1558) und einem Teil seines Hofstaats als Unterkunft.
Als Regensburg im Verlauf des 16. Jahrhunderts dank der günstigen Lage zu den Kriegsgebieten in Ungarn und der Nähe zu Prag und Wien zu einem politischen Zentrum des Reiches wurde, diente die Stadt immer häufiger als Veranstaltungsort der Reichstage. Die Unterbringung und Koordination mehrerer tausend Reichstagsgäste und Gefolgsleute stellte für Regensburg zu dieser Zeit mit höchstens 14.000 Einwohnern eine große organisatorische Herausforderung dar, brachte aber auch Vorteile mit sich. Besonders die Ernennung Regensburgs als Veranstaltungsort für den Immerwährenden Reichstag ab 1663 ging mit einem wirtschaftlichen und kulturellen Aufschwung einher.
Das Goldene Kreuz profitierte wie auch andere Gasthäuser enorm von dieser Entwicklung. 1650 wurde der heute als Kaisersaal bekannte Festsaal mit einer prunkvollen Stuckdecke in barockem Stil versehen. Auch einige Weinfässer des Goldenen Kreuzes aus dem 18. Jahrhundert, die im Weinkeller des alten Rathauses gefunden wurden, zeugen vom wirtschaftlichen Erfolg des Gasthauses. Neben der Unterbringung hochrangiger Gäste wurde das Haus auch für Festivitäten genutzt, wie die Ankündigung eines Maskenballes für den Januar 1788 zeigt.
Auszug aus dem Regensburgischen Diarium vom 8. Januar 1788:
,,In dem goldenen Kreuz allhier zu Regensburg, wird diesen Fasching hindurch, an denen 3 Mittwochen den 16 23 und 30 Jan. Bal en Masque gegeben. […] Wegend er sonst gewöhnlichen letzten 2 Bällen, wird ein verehrungswürdiges Publikum durch ein eigenes Avertissement benachrichtigt werden. Abvei wiederholt der Bal Vorsteher sein geziemendes Aufsuchen, zu Vermeidung aller vorfallen könnenden Unannehmlichkeiten, ohne Stock und Seitengewehr auf dem Bal zu erscheinen, oder solche beim Eintritt denen Aufwärtern in Gewahr zu geben. Kalte Speisen und andere Erfrischungen sind auf Verlagen sogleich zu haben; wer warp souppieren will, beliebe es Tages vorher bestellen zu lassen. Für den Bal bezahlt die Person 1 fl. 12 fr.“
Das Goldene Kreuz als Erinnerungsort
Liebesgeschichten sind beliebt und zeitlos. Es ist also nicht verwunderlich, dass die – größten-teils romantisierten – Erzählungen um den wohl berühmtesten historischen Gast des Hauses, Kaiser Karl V., seine Affäre mit Barbara Blomberg (1527-1597) und deren unehelichen Sohn Don Juan de Austria (1547-1578) heute das Leitnarrativ des Erinnerungsorts bilden. Während seines Aufenthalts 1546 lernte der damals 46-jährige Witwer die 18-jährige Handwerkerstoch-ter Barbara Blomberg kennen. Aus dieser Verbindung ging der später als Don Juan de Austria bekannte Sohn des Kaisers hervor.
Dank offizieller Legitimation als Bastard durch Karl V., der für diese Zeit verhältnismäßig wenige lebende Nachkommen vorzuweisen hatte, konnte Don Juan de Austria eine militärische Karriere einschlagen. Bis heute ist er für seine Rolle als Befehlshaber der spanischen Flotte während der siegreichen Schlacht von Lepanto (1571) gegen die Osmanen bekannt – obwohl seine Bedeu-tung für den Ausgang der Schlacht von Seiten der Forschung mittlerweile relativiert wurde. Auf dem nahegelegenen Zieroldsplatz beim alten Rathaus steht seit Mitte der 70er Jahre auch eine Statue von Don Juan de Austria
„In diesem Haus von alter Art / hat oft geruht nach langer Fahrt Herr KAISER CARL DER FÜNFT genannt / in aller Welt gar wohl bekannt / der hat auch hie zu guter Stund geküsset einer Jungfrau Mund.
Dieselb die hieß bei fern und nah man nur die schöne BARBARA / Ihr Stamm war bieder / schlicht und recht PLUMBERGER schrieb sich das Geschlecht / dem bracht des Kaisers Lieb viel Leid / doch Trost und Heil der Christenheit.
Dann draus erwuchs / dem Vater gleich der DON JUAN VON OESTERREICH / der bei LEPANTO in der Schlacht / vernichtet hat der Türken Macht. der HERR vergelts ihm alle Zeit / So jetzt wie auch in Ewigkeit.“
Seine heutige Gestalt erhielt das Goldene Kreuz erst 1862. Damals wurde der Gebäudeteil auf der linken Seite dem frühgotischen Turm und Wohnanbau rechts angepasst.
Literaturhinweis
Karl Bauer: Regensburg. Kunst-, Kultur-, und Alltagsgeschichte. Regenstauf 2014, 303-306.
Untere Denkmalschutzbehörde Regensburg (Hrsg.): Denkmalsteckbrief Haidplatz 7 – „Goldenes Kreuz“. (weitere Informationen)