Löschenkohlpalais

Liesa Pietschmann

Der Bau des Löschenkohlpalais – ein kostspieliges Prestigeprojekt

Zu einer Zeit, in der sich Regensburg immer schwieriger wirtschaftlich behaupten konnte, migrierte die aus Österreich stammende, protestantische Handwerkerfamilie Löschenkohl nach Regensburg. Der Grund dafür war wohl in erster Linie die Möglichkeit der freien Religionsausübung in der Reichsstadt. Innerhalb von nur drei Generationen schafften die Löschenkohls den Aufstieg von der einfachen Handwerkerfamilie in die Ränge der reichen Regensburger Kaufmannsfamilien. Geldsegen und Macht verlangten ganz im Sinne des spätbarocken Zeitgeistes nach einer angemessenen Repräsentation und so ließ Hieronymus Löschenkohl um 1730 sein eigenes Palais am symbolträchtigen und zentralen Neupfarrplatz errichten. Das prunkvolle Bauwerk wurde konzipiert vom Linzer Architekten Johann Michael Prunner, der bereits seine Expertise in Wien, aber auch als Architekt des Regensburger Pürkelgutes bewiesen hatte. Rund drei Jahre dauerte der Bau, bis das vierstöckige Palais mit seinen Binnenhöfen und Seitenflügeln fertiggestellt war und als Wohn- und Geschäftshaus des Kaufmanns genutzt werden konnte. Die Freude an der neuen Immobilie währte jedoch nur kurz. Bereits im Jahr 1743 musste der Kaufmann Konkurs anmelden und das Bauwerk wurde an die Stadt Regensburg überschrieben.

Fassade des Löschenkohlpalais vom Neupfarrplatz gesehen (Foto: Liesa Pietschmann)

Die Kursächsische Gesandtschaft

Als Geschäftshaus nach dem Konkurs nun nicht mehr benötigt, wurde rasch ein neuer Nutzen für das prachtvolle Gebäude gefunden und es wurde an die Kursächsische Gesandtschaft des Immerwährenden Reichstages in Regensburg vermietet. Die Gründe dafür lassen sich zum einen in den Geldsorgen der Familie Löschenkohl, als auch in der zentralen Lage des Gebäudes und seiner repräsentativen Funktion finden. Zudem war es nur Bürgern der Stadt Regensburg erlaubt, Immobilieneigentum zu erwerben, sodass die Gesandtschaften gezwungen waren, sich einzumieten. Hier lebten nicht nur die Gesandten, sondern auch ihre Familien und Bediensteten sowie weitere Amtsträger wie Sekretäre oder Kanzlisten. „Kursachsen demonstrierte mit der Wahl dieses bedeutenden spätbarocken Bauwerkes die eigene Rolle im Reich und zugleich die Bedeutung des Kurfürsten als einem der ranghöchsten Fürsten überhaupt.“

Die Gesandtschaft – Politik und gesellschaftliches Leben

Das politische Tagesgeschehen der Kursächsischen Gesandten, die Teilnahme am Immerwährenden Reichstag, politische Diskussionen, eingereichte Beschwerden wurden innerhalb der Mauern des ehemaligen Bankhauses vollzogen, sodass ihm als Abgeordnetenwohnsitz des ersten deutschen Parlaments eine neue historische Bedeutung zuteil wurde. Die Komitialgesandtschaft war stets ein langfristig besetzter Posten, im Löschenkohlpalais residierten vor allem Johann Georg von Ponickau (1708 – 1775) und sein Nachfolger Peter Friedrich von Hohenthal (1735 – 1819), die beide den Posten über 20 Jahre lang bekleideten. Doch nicht nur als Ort der Politik wurde das Palais in den Jahren zwischen 1751 und 1804 genutzt, sondern auch als Ort der kulturellen Begegnung, des (Geschenk)austauschs von Gesandten und der repräsentativen Feste. Den Gesandten wurde nachgesagt, viel Freizeit zu haben und beschäftigt werden zu müssen. So stieg die wirtschaftliche Kraft des Unterhaltungssektors in Regensburg stark an: Feste, Bankette, Teestunden, Bälle, Theaterveranstaltungen und Empfänge zählten zu den primären Unterhaltungsmöglichkeiten. Diese wurden nicht nur vom Prinzipalkommissariat ausgerichtet, sondern auch von den Gesandtschaften selbst. Wichtig für diese repräsentativen Veranstaltungen war auch, mit wem man sich sehen ließ und wer über wen Gerüchte erzählte. Ein solcher Lebensstil kostete Kursachsen bisweilen beträchtliche Summen. Die sächsischen Gesandten bezogen ein jährliches Gehalt von ca. 6400 Talern, dazu kamen Kosten wie Unterbringung und besondere Prämien, beispielsweise zum Antritt des Gesandtenpostens. Auch Trauerkosten für Angehörige von Komitialgesandten wurden vom kursächsischen Hof bei Todesfällen in der Familie übernommen.

Liesa Pietschmann: Grundriss Löschenkohlpalais (eigene Darstellung nach Helmut-Eberhard Paulus: Das Löschenkohl-Palais, 7)

Literaturhinweis

Susanne Friedrich: Drehscheibe Regensburg – Das Informations- und Kommunikationssystem des Immerwährenden Reichstags um 1700, Berlin 2007.

Fred Heidemann: Sachsens Vertretungen – Von den kurfürstlich-sächsischen Gesandtschaften zur Vertretung des Freistaates Sachsen beim Bund, Sächsische Landeszentrale für Politische Bildung, Dresden 2008.

Helmut-Eberhard Paulus: Das Löschenkohl-Palais – Dresdner Bank in Regensburg, Neupfarrplatz 14, Regensburg 1988.

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