Ehemalige Abteikirche St. Emmeram

Sabine Cipra und Mirjam Krause

Verflochtene Geschichten: Benediktiner, Könige, Kaiser

St. Emmeram, die älteste Benediktinerabteikirche in Bayern, hatte im Lauf ihrer über 1000jährigen Geschichte stets einen engen Bezug zum Heiligen Römischen Reich. Der Bau erhebt sich über dem Grab des Wanderbischofs Emmeram, der um 700 als Märtyrer starb. Seit der Gründung des Bistums im Jahr 739 fungierte der Abt von St. Emmeram in Personalunion über zweieinhalb Jahrhunderte auch als Bischof von Regensburg. St. Emmeram wurde immer wieder von verschiedenen Kaisern ausgezeichnet, so schenkte Kaiser Karl der Große (748-814) Grundbesitz, Kaiser Arnulf von Kärnten (um 850-899) übergab mit einem Altaraufsatz, dem sogenannten Arnulfsciborium und dem Codex aureus kostbare Geschenke. Er ließ die Reichsannalen von St. Emmeram führen und errichtete dort eine Pfalz, die über 300 Jahre von den verschiedenen Kaisern und Königen bei ihren Aufenthalten in Regensburg genutzt wurde. In der Folge ließen sich auch mehrere Angehörige des karolingischen Königshauses in St. Emmeram bestatten, darunter eine ostfränkische Königin, wahrscheinlich Hemma (808-876), Gemahlin von König Ludwig dem Deutschen (um 806-876). Kaiser Heinrich II. (973 oder 978-1024) leistete Hilfe beim Wiederaufbau, nachdem 1020 ein Brand die Kirche nahezu vernichtet hatte. König Adolf von Nassau (vor 1250-1298) verlieh schließlich St. Emmeram die Reichsunmittelbarkeit. Dies bedeutete, dass der Abt von St. Emmeram das Recht auf Sitz und Stimme bei den Reichstagen besaß, allerdings musste er sich diese Stimme mit allen anderen Prälaten teilen.

Egid Quirin Asam: Karl der Große, Stuckplastik, 1731/33 (Foto: Dr. Thomas Hölzl)
Otto Gebhard: Übergabe des Arnulfciboriums und des Codex Aureus an Abtbischof Tuto durch Kaiser Arnulf von Kärnten, Fresko im Georgschor, nach 1747 (Foto: Sabina Cipra)

In der Zeit des Immerwährenden Reichstags wohnten die Vertreter des Kaisers, die Prinzipalkommissare – ab 1748 die Thurn und Taxis – in den Räumen des Klosters, sie besuchten in der Kirche die sonntägliche Messe und wurden dort auch begraben. Hierfür mussten Kirche und Konvent würdig ausgestattet werden, außerdem strebte Abt Anselm Godin (1677-1742) nach der Reichsfürstenwürde. Daher ließ er die Kirche in den Jahren 1731-33 von den Gebrüdern Asam umgestalten und die permanente Nähe zum Heiligen Römischen Reich im Bildprogramm verdeutlichen. So wird die Ankunft benediktinischer Mönche mit Christoph Columbus in Amerika unter das Motto Kaiser Karls V. – Plus ultra – gestellt. Das Jahr 1732 markierte den Höhepunkt der Geschichte von Kirche und Kloster: Der Abt von St. Emmeram wurde zum Reichsfürsten ernannt. Wie auch im Dom, so fanden auch in St. Emmeram Gottesdienste und Feste für Kaiser und Reich statt, unter anderem mit ephemerer Architektur wie Trauerdekorationen.

Blick in den Chor (Foto: Bilddokumentation Stadt Regensburg)
Cosmas Damian Asam: Landung der Benediktiner mit Christoph Columbus auf der Santa Maria, Fahne mit dem Motto von Kaiser Karl V. „Plus ultra“ (Immer weiter), Deckenfresko im Chor, 1731-33 (Foto: .Bilddokumentation Stadt Regensburg)
Unbekannter Künstler: Wappen des ersten Fürstabtes Anselm Godin mit dem lateinischen Schriftzug „Anselm Fürst und Abt des Heiligen Römischen Reiches 1732“ am Übergang vom Chor zum Langhaus (Foto: Sabina Cipra)

Seifenblasen für den Prinzipalkommissar

Wichtig ist der Bau auch als Grablege. Insgesamt lassen sich heute 94 Grabdenkmäler zählen – in der Kirche selbst, in der benachbarten Pfarrkirche St. Rupert, in Garten und Vorhalle. Zahlreiche der hier beerdigten Personen waren mit dem Reichstag verbunden, sei es als Gesandte oder Sekretäre, sei es als deren Angehörige. Gehörte man allerdings der protestantischen Konfession an, so fand man nicht hier, sondern bei der Dreieinigkeitskirche die letzte Ruhe. Die prachtvollste Anlage ist natürlich einem Prinzipalkommissar gewidmet, Alexander Ferdinand von Thurn und Taxis (1704-73). Das Epitaph besteht nicht nur aus verschiedenen buntfarbigen Steinsorten und einer rahmenden Malerei, sondern zeigt auch ein opulentes allegorisches Programm. Zwischen einem Skelett als Symbol des Todes und verschiedenen Tugendallegorien hockt ein Putto auf einem Totenschädel und lässt Seifenblasen steigen – ein Symbol der Vergänglichkeit.

Simon Sorg: Epitaph für Alexander Ferdinand von Thurn und Taxis (1704-73) (Wappen und Kurhut finden sich oben, allegorisches Figurenprogramm mit dem Tod als Stützfigur unten, Gerechtigkeit links und Frömmigkeit rechts, unter dem Baldachin die Personifikation des Glaubens), vielfarbige Steinsorten und Malerei, 1774-77 (Foto: Nadine Merk)
Unbekannter Künstler: Grabmal einer ostfränkischen Königin (wahrscheinlich Hemma), um 1280/90, (Foto: Sabina Cipra)

Literaturhinweis

Karl Hausberger: Das Kloster St. Emmeram als Brennspiegel der mittelalterlichen Geschichte Regensburgs, in: St. Emmeram in Regensburg. Geschichte, Kunst, Denkmalpflege. Beiträge des Regensburger Herbstsymposiums vom 15.–24 November 1991 (Thurn-und-Taxis-Studien, 18), Kallmünz 1992, 109-115.

Peter Morsbach: St. Emmeram zu Regensburg, ehem. Benediktiner-Abteikirche. (Große Kunstführer 187), München/Regensburg 1993.

Alois Schmid: Ratisbona Benedictina. Die Regensburger Benediktinerklöster St. Emmeram, Prüll und Prüfening während des Mittelalters, in: Martin Angerer/Heinrich Wanderwitz (Hgg.): Regensburg im Mittelalter. (Beiträge zur Stadtgeschichte vom frühen Mittelalter bis zur Neuzeit, Bd. 1), Regensburg 21998, 177-186.

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