Ehemaliges Kapuzinerkloster

Lorena Mazzorana und Hannah Schorgg

In der unscheinbaren Kapuzinergasse im Stadtosten befindet sich das ehemalige Regensburger Kapuzinerkloster. Seine Gründung ist Kaiser Matthias (1557-1619) zu verdanken. Die Herrschaft dieses Kaisers prägten konfessionelle Streitigkeiten, eine Schlüsselfigur war der mächtige Kanzler Melchior Khlesl (1552-1630). Im Rahmen eines Regensburger Reichstages traf Matthias 1613 auf den vom Papst entsandten Kapuzinermönch Hiacinth von Rasala. Dieser konnte das Reichsoberhaupt von einer Klostergründung in Regensburg überzeugen. Der Kapuzinerorden zeichnete sich durch Engagement im Bereich Predigt und Seelsorge aus und sollte dadurch auch der Reformation entgegenwirken. Mit der Entscheidung zur Klostergründung traf Kaiser Matthias zunächst auf Widerstände von Seiten des protestantischen Stadtrates. Letztendlich gelang aber der Klosterbau, für den die Äbtissin des Reichsstifts Niedermünster ein Grundstück zur Verfügung stellen musste. Gemeinsam mit seiner Gemahlin Anna von Österreich-Tirol (1585-1618) legte Kaiser Matthias im Oktober 1613 den Grundstein. Die Klosteranlage umfasste in ihrem ursprünglichen Zustand die Kirche St. Matthias und einen Konvent in Form einer Vierflügelanlage. Auf dessen Bau verweist heute noch die Jahreszahl 1614 an der Südost-Ecke der Umfassungsmauer an der Ostengasse. Ein Bild auf dem 1620 von Kaiser Matthias gestifteten Hochaltar zeigt die Berufung des zwölften Apostels Matthias, seines Namenspatrons.

Außenansicht (Foto: H.Helmlechner, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons)

Eine kaiserliche Oper im Kloster

Im Laufe der Zeit sollten noch einige Bauten zum Kloster hinzukommen, besonders prominent war ein ephemeres Opernhaus. Im ‚Comedian-Haus‘ fand zur Fastnacht 1653 mit der Aufführung der Oper ‚L’inganno d’amore‘ eines der bedeutendsten Theaterereignisse Regensburgs zur Barockzeit statt. Anlass für dieses außergewöhnliche Musiktheater bot der Reichstag von 1653/54. Auf dem ersten Reichstag nach Kriegsende waren Aspekte des Westfälischen Friedensschlusses zu klären. Daher schien es besonders wichtig, die Stellung des Kaisers im Reich auch mit kulturellen Mitteln zu präsentieren. Die Festoper wurde vom Hofkapellmeister Kaiser Ferdinands III. (1606-1657) Antonio Bertali (1605-1669) nach einem Libretto Benedetto Ferraris (1597-1681) komponiert – eigens für die Regensburger Aufführung! Die zugehörige Begleitbroschüre war mit neun Kupferstichen versehen. Das Titelblatt des Librettos zeigt einen Adler mit kaiserlichen Insignien und monumentalisiert den Kaiser und das von ihm geförderte Werk. Mit dem Ende der Aufführungen wurde das hölzerne Gebäude demontiert und nach Wien verbracht, wo es später wieder aufgebaut wurde.

Giovanni Burnacini/Jacob Sandrart: Frontispiz zur Oper Lʼinganno dʼamore, Kupferstich,1653, Österreichische Nationalbibliothek, Wien, 47.Kk.74 MUS MAG

Eindruck eines sächsischen Gesandten von der Opernaufführung:

„Nach fünf Uhr kamen I[hre] Kaiserl. Maj[estät], die Kayserin und der König in Böhmen auß dem Capuziner Closter [St. Matthias], woselbst Sie Taffel gehalten, nach anghörter Vesper, alsobaldt wardt mit Trompeten geblasen undt die Kesselbaucken geschlagen, I[hre] Kaiserl. Maj[estät] empfingen die allbereits anwesenen vier Churfürsten und die Churfürstin zu Pfalz […] Als mit den Trompeten aufgehört, ließ sich eine herrliche Musica, so unter das theatrum, daß manns doch nicht sehen kon[n]te, gestellet, hören. Unter welcher ward die Courtine vom Theatro abgezogen, und ging die Comoedia an, davon und den öffter stattlichen Vorstellungen [gemeint: Verwandlungen] des Theatri eine absonderliche Beschreibung in Druck vorhanden. Es sollen 30000fl. darauff seyn gewendet worden. […] Es ist ein sehr stattliches Werck gewesen, dergleichen nicht viel solle seyn gesehen worden.“

Diarium des sächs. Gesandten (SächsHStA, Geh. Archiv, loc. 10025/1), zitiert nach Christoph Meixner: Musiktheater in Regensburg im Zeitalter des Immerwährenden Reichtags, Sinzig 2008, 36.

Der Auszug aus dem Diarium (Tagebuch) eines sächsischen Gesandten beschreibt die Uhrzeit, den Ort, das Empfangszeremoniell sowie die Raffinesse der Theaterinszenierung. Nach dem Abendgebet (Vesper) und anschließendem Essen zog das Kaiserpaar feierlich zum Klang von Pauken und Trompeten vom Kloster kommend am Veranstaltungsort ein. Daraufhin wurden die bereits versammelten vier Kurfürsten samt Ehefrau vom kaiserlichen Paar begrüßt. Mit Verstummen der einleitenden Trompeten begann die Musik. Der Gesandte nennt eine Vorform des Orchestergrabens, von dem aus die für die Zuschauer unsichtbare musikalische Untermalung zu hören war. Des Weiteren verweist er auf die beeindruckende Bühnentechnik, die Begleitbroschüre und die exorbitanten Gesamtkosten. Der abschließende Satz verrät die herausragende Qualität der Aufführung.

Von den Kapuzinern zu den Klarissen

Trotz dieses kulturellen Triumphes wurde das Kloster im Zuge der Säkularisierung 1811 aufgelöst, noch im selben Jahr zogen Klarissen in die Gebäude ein, die ihren Konvent im Stadtosten durch die österreichisch-französischen Gefechte 1809 verloren hatten. Es folgten mehrere substanzielle Umbauten und Renovierungen, sodass der Kirchenbau heute kaum noch an die Zeit Kaiser Matthias‘ erinnert. Das Kloster wurde von den Nationalsozialisten als Umsiedlungs- und Durchgangslager zweckentfremdet, daher konnte die Klarissen das Bauensemble zwischen 1937 und 1945 nicht nutzen. Im Jahr 1968 wurde es schließlich an die Stadt Regensburg verkauft, von der es heute als Wohnheim, Kinderhort und Galerie genutzt wird. Die ehemalige Klosterkirche dient als rumänisch-orthodoxe Kirche.

Klosterkirche St. Matthias in Regensburg (mittig der Hochaltar, Altarblatt ca. 1620, Aufbau um 1715/20 umgestaltet) (Foto: Güwy, CC BY-SA 3.0, via Wikimedia Commons)

Literaturhinweis:

Anneliese Hilz: Benediktiner, Karthäuser, Iroschotten, Mendikanten, in: Peter Schmid (Hg.): Geschichte der Stadt Regensburg, Band 2, Regensburg 2000, 796-799.

Christoph Meixner: Musiktheater in Regensburg im Zeitalter des Immerwährenden Reichstages, Sinzing 2008.

Karl Möseneder: Feste in Regensburg von der Reformation bis in die Gegenwart, Regensburg 1986, 213-218.

Teilen Sie diesen BeitraG

Das könnte Sie auch interessieren:

Gesandtschaften
Neue Waag

Seit 1441 im Besitz der Stadt Regensburg nutzte man das Anwesen am Haidplatz als städtische Waage. Schon im 16. Jahrhundert wurde es dann zu einem

Read More »
Konfessionen
Niedermünster

Unweit des Regensburger Doms liegt der Gebäudekomplex des ehemaligen Damenstifts Niedermünster. Wahrscheinlich im 8. Jahrhundert gegründet, wurde das Frauenkloster Niedermünster 1002 zum Reichsstift erhoben und

Read More »
Gesandtschaften
Altes Thurn und Taxis Postamt

Die Thurn und Taxis entwickelten ab 1490 im Auftrag Kaiser Maximilians I. ein revolutionäres Kommunikationssystem, das nahe und weitentfernte Gebiete des Heiligen Römischen Reiches miteinander

Read More »