Justitiabrunnen am Haidplatz

Sarah Staufer

Reichsstädtsiche Brunnen als Wasserquellen und Repräsentationsortrte

Meist auf zentralen städtischen Plätzen oder an Straßenkreuzungen gelegen, dienten Brunnen in der Frühen Neuzeit nicht nur als öffentliche Wasserquellen, sondern auch als Orte der Begegnung und des Austauschs. Privathaushalte wie Handwerksbetriebe oder öffentliche Institutionen waren auf das kostbare flüssige Gut angewiesen. Mit dem gezielten Ausbau der städtischen Wasserversorgung in Regensburg ab der Mitte des 16. Jahrhunderts wurden einige der zuvor hölzernen Brunnenkasten symbolträchtig ausgeschmückt, um das Selbstverständnis und Selbstbewusstsein der Reichsstadt zu repräsentieren. Aufwändig ausgestattete Brunnen waren zugleich Ausdruck wirtschaftlicher Blüte und politischer Programmatik der Reichsstadt. So ist es nicht verwunderlich, dass die Ausgestaltung an zentralen Plätzen der Stadt gelegenen Brunnen oft mit reichspolitischen Ereignissen einherging, die für Regensburg von Bedeutung waren. Wie in kaum einer anderen Reichsstadt gibt es in Regensburg gleich fünf, zwischen 1566 und 1721 errichtete Brunnen, die mit Symbolen des Heiligen Römischen Reiches und der Reichsstadt verziert wurden: den Adlerbrunnen, den Kurfürstenbrunnen, den Friedensbrunnen, den Justitiabrunnen und den Reichsstadtbrunnen.

Der Justitiabrunnen am Haidplatz (Foto: Sarah Staufer)

Wahrung des religiösen Friedens

Seit der Einführung der Reformation in Regensburg 1542 kam es immer wieder zu Konflikten zwischen dem evangelischen Ratsregiment und dem katholischen Klerus der vier katholischen Reichsstände sowie weiterer katholischer Klöster in der Stadt. Dabei ging es auch um die Frage einer rechtlichen Immunität des katholischen Hausbesitzes in Regensburg, welche die katholische Seite forderte. Schon während des Reichstags von 1653 verhandelten beide Seiten unter Vermittlung einer kaiserlichen Kommission, aber erst 1655 legte man die Streitigkeiten schließlich in einem Vertrag bei, den Kaiser Ferdinand III. (1608-1657) bestätigte. Dieser Vertrag bildete bis zum Ende des Alten Reichs eine zentrale Grundlage für die Wahrung des religiösen Friedens in Regensburg.

Friedrich Bernhard Werner/Johann Matthias Steudlin: Prospect des Platzes genandt auf der Heyde, allwo die Gütter waag ist, Kupferstich, 1740, Bayerische Staatsbibliothek, Mapp. XI, 516 g/11

Der Stich zeigt eine vereinfachte Darstellung des Justitiabrunnens auf einem verkleinerten Haidplatz, den diverse Staffagefiguren bevölkern. Eine entlädt einen Packwagen, unter dem man sich auch das Gepäck eines gerade eintreffenden Reichstagsgesandten vorstellen kann. Das Haus ganz links (Nr. 4) wird auf dem Druck als Herberge des Kurpfälzischen Gesandten auf dem Immerwährenden Reichstag markiert.

Steinerne Huldigung an Kaiser und Reichsstadt

Auf dem Haidplatz, umgeben von der Neuen Waag, dem Gasthof zum Goldenem Kreuz und repräsentativen, als Gesandtschaftsunterkünfte dienenden Patrizierhäusern, wurde bereits 1551 an der Stelle des heutigen Brunnens ein hölzerner Brunnenkasten errichtet. Ab 1656 ließ der Rat der Stadt den zuvor schlichten Brunnenkasten am Haidplatz symbolträchtig ausgestalten, wobei man das schmiedeeiserne Gitter von 1592 beibehielt. Die Seitenwände des Brunnentrogs zieren das Regensburger Stadtwappen, Kartuschen mit Arabesken und der kaiserliche Doppeladler mit Mitrakrone, Reichsschwert und Reichszepter. In der Mitte des Wasserbeckens erhebt sich auf dem reich mit u.a. auf wasserspeienden Delphinen sitzenden Putti und Widderköpfen verzierten Brunnenstock die antikisch gekleidete Figur der Kardinaltugend Justitia ohne Augenbinde und mit entblößter linker Brust, geschaffen durch den Regensburger Bildhauer Leopold Hildebrand. Sie hält in der rechten Hand ein Schwert und in der linken eine Waage als übliche Attribute. Rechts ihr zu Füßen steht ein Kranich als Symbol für Wachsamkeit und Klugheit als Tugenden, die sich die Reichsstadt auf diese Weise selbst zuschreibt.

Kranich zu Füßen der Justitiastatue (Foto: Sarah Staufer)

Danach wurden für den Steinbruch sowie die Steinmetzen, Bildhauer, Maler und Schmiede im Zusammenhang mit der Errichtung des Brunnens über 800 Gulden ausgegeben. 1659 wurde die Brunnenfigur auf Drängen des Rats aus besserem Stein durch Leopold Hildebrand gefertigt, wozu nochmals 120 Gulden ausgegeben wurden. Hinzukamen weitere 500 Gulden für gelieferten Stein. Damit verursachte die repräsentative Ausgestaltung dieses Brunnens

Repräsentationsoffensive des Regensburger Rates

Dieser Brunnen ist in Zusammenhang mit dem 1661 errichteten, etwas kleineren Friedensbrunnen im großen Rathaushof zu sehen, aber auch dem barocken Anbau des Rathauses, der ab 1660 und auch in Erwartung einer regelmäßigen Nutzung des Alten Rathauses bei kommenden Reichstagen erfolgte. Dabei kehrt die die Justitia den Rücken der Neuen Waag zu, die beim Reichstag von 1653 sowie von 1663 an die Diktaturstube des Reichstages beherbergte. Dass der kaiserliche Doppeladler des Brunnentrogs noch eine zweite Krone über dem viergeteilten, ursprünglich bemalten und von einem Kranz umgebenen Brustschild aufweist, könnte auf die Krönung Ferdinand IV. zum Römischen König 1653 in Regensburg verweisen. Anders als der Frankfurter Justitiabrunnen wurde jener in Regensburg aber nicht als Weinbrunnen bei der Krönung genutzt.


Literaturhinweis

Helmut-Eberhard Paulus: Wasser im Dienste reichsstädtischer Repräsentation. In: Historischer Verein für Oberpfalz und Regensburg. Verhandlungen des Historischen Vereins für Oberpfalz und Regensburg 136 (1996), 33-38, 44f.

Helmut-Eberhard Paulus: Wasser im Dienste reichsstädtischer Repräsentation. In: Historischer Verein für Oberpfalz und Regensburg: Verhandlungen des Historischen Vereins für Oberpfalz und Regensburg 136 (1996), 33-38, 44f.

Elke Masa: Freiplastiken in Regensburg. Brunnen, Denkmäler, Freiplastiken und Installationen im öffentlichen Raum der Stadt, Neustadt an der Aisch 2005, 65-67.

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