Dom St. Peter

Laura Hofmann und Theresa Senger

Zentrum der Feste und Prozessionen

Die Verbindung vom Regensburger Dom zum Heiligen Römischen Reich zeigt sich besonders deutlich in Prozessionen und Festzügen, auf denen der Dom eine wichtige Station darstellte, sowie durch Messfeiern, welche anlässlich wichtiger Ereignisse stattfanden und Bischofsweihen bei Reichstagen. Die bedeutenden Wahlen und Krönungen werden in einem anderen Beitrag besprochen. Zu den rituellen Wegen durch die Stadt gehörten unter anderem Einzüge des Kaisers oder seines Vertreters, des Prinzipalkommissars in die Reichsstadt, aber auch Leichenzüge wie für Maximilian II. (1527-1576) oder Prozessionen zu Namenstagen. Die Feierlichkeiten lassen sich mehreren Gruppen zuordnen: Kirchenfesten, Siegesfeiern, Geburten im Kaiserhaus, Namenstagen, Wahlen, Krönungen und Trauerfeiern.

Regensburger Dom St. Peter, gotische Westfassade mit historistischen Turmoktogonen (Foto: Kunstsammlungen des Bistums Regensburg)
Johann Philipp Forster: Domauffahrt des Prinzipalkommissars Fürst Alexander Ferdinand von Thurn und Taxis anlässlich des Namenstags des Kaisers (Stark schematisierte Darstellung des festlichen Zug des Prinzipalkommissars von seinem Logis zur Domfassade), Radierung, 1785, Fürst Thurn und Taxis Zentralarchiv, Slg. Resch 776

Eklat zur Siegesfeier

Der Regensburger Dom war aber auch ein Ort, an dem konfessionelle und politische Spannungen sichtbar wurden, da die protestantischen Reichsstände ihre Treue zu Kaiser und Reich durch ihre Anwesenheit beweisen mussten. Obligatorisch war die Teilnahme an den Heiliggeistmessen zur Eröffnung der Reichstage sowie bei Wahl- und Krönungsmessen. Die Protestanten verließen während der Eucharistie das Kirchenschiff und kehrten erst am Ende der Messe wieder zurück. Auf diese Weise gelang ein Kompromiss zwischen der konfessionellen Identität, dem politischen Status und dem sozialen Rang. Aber auch die ständische Struktur offenbarte sich während der Messfeiern, da die Sitzordnung während des Gottesdienstes streng hierarchisch organisiert war. Wie zu anderen Gelegenheiten sorgte der Gesandte Frankreichs auch bei einer Siegesfeier im Dom anlässlich eines militärischen Triumphes über das Osmanische Reich in der Schlacht bei Belgrad 1717 für einen Eklat. Seine in kostbarstem Goldbrokat gekleidete Frau ließ sich noch vor der kurfürstlichen Bank nieder. Obwohl diese Sitzordnung nicht untersagt war, veranlasste sie die brüskierten kurfürstlichen Gesandten, für die Feier in ein heute verlorenes Oratorium umzuziehen.

Der Prinzipalkommissar Christian August von Sachsen-Zeitz schrieb am 28. September 1717, zwei Tage nach den Siegesfeierlichkeiten zur Einnahme Belgrads einen Bericht an den Kaiser, in dem er den Ablauf, aber auch politisch relevante Vorfälle schilderte. In diesem Auszug findet der Eklat im Dom Erwähnung, den der französische Gesandte Jacques Vincent Languet de Gergy (1667-1734) und seine Frau Anne Henry verursachten. Diese waren nicht zur Siegesfeier eingeladen und erschienen dennoch zum Gottesdienst im Dom. Anne Languet de Gergy kniete sich absichtlich vor den kurfürstlichen Gesandten auf ein Kissen. Der Kurfürst von Mainz fühlte sich dadurch in seinem Rang zurückgesetzt und zog mit den anderen kurfürstlichen Gesandten in das Oratorium um, wo der Neffe des Prinzipalkommissars saß. Das Verhalten des Mainzer Kurfürsten wurde laut Sachsen-Zeitz jedoch von den Anwesenden kritisch betrachtet. In späteren Passagen des Berichtes wird auch erwähnt, dass der französische Gesandte den Vertreter des Kaisers nach dem Gottesdienst ansprach, um sich für das Erscheinen ohne Einladung zu rechtfertigen.

„In der Kirchen ist es aber ohne streit nicht zugegangen, […] / Es hat sich auch / noch weither zugetragen, daß ungeachtet der hiesige französische Minister Comte de Gergy, weder in die Kirche, noch zu der Tafel von mir nicht eingeladen worden, sich solcher doch in der Kirchen eingefunden, und sich vor seiner person etliche stühle hinter die Churfürstliche gestellet, deßen frau aber sich ihre Küßen auf die Erde vor deren Churfürstlichen Gesandten ihren stuhl, wo alle gemeine Leuthe gestanden, legen laßen, und derauf gekniet; Alß solches der ChurMaynzerische gesehen, hat er vermeinet, daß dieses der Churfürstlichen dignität prajudicirte, obgleich vor ihren stuhl – wie gemeldet – lauter gemeine Leuthe / gekniet, und gestanden; Ist also mit denen anderen Churfürstlichen Gesandten auß solchem stuhl oben in das Oratorium gegangen, wo mein Nepote gewesen; dieses beginnen des ChurMaynzerischen wird von allen disapprobiret, und wird man sehen, ob der Comte de Gergy etwas tuen wird.“

Prinzipalkommissar Christian August von Sachsen-Zeitz: Bericht an Kaiser Karl VI., Regensburg, den 28.9.1717 (Haus-, Hof- und Staatsarchiv Wien [HHStAW], Reichskanzlei, Akten der Prinzipalkommission des Immerwährenden Reichstages zu Regensburg 1663 bis 1806, Faszikel 41b), 10-13.

Historische Schichten

Das Erscheinungsbild des Regensburger Doms veränderte sich mehrfach dramatisch – die unmittelbaren Verweise auf Kaiser und Reich blieben jedoch über die Bauphasen hinweg zurückhaltend. Auf die durch Brände zerstörten karolingischen und romanischen Vorgängerbauten folgte nach dem Brand von 1273 der Bau der gotischen Kathedrale. Im 17. Jahrhundert begann die barocke Umgestaltung. Der gotische Lettner wurde durch ein Eisengitter ersetzt, die weiße Fassung des Innenraums in Ocker übermalt und die Kapitelle vergoldet. Um 1700 wurde das Kircheninnere olivgrau gefasst und in der Vierung eine Kuppel mit Stuckaturen und Malereien eingezogen, diesen Zustand dokumentiert ein 1709 entstandenes Gemälde. Im 19. Jahrhundert wurde die barocke Ausstattung entfernt und die zentrale Kuppel durch ein neogotisches Rippengewölbe ersetzt.

Hans Georg Pottendorf (?): Innenansicht des Regensburger Doms nach Osten (Zu erkennen sind die barocke Ausstattung des Chores, die bemalte Kuppel über der Vierung von 1697 und das Grabmal für Bischof Kardinal Philipp Wilhelm aus dem Haus Wittelsbach von 1611), Öl auf Leinwand, 1709, Domschatzmuseum Regensburg, Gerald Richter/Kunstsammlungen des Bistums Regensburg
Peter Opel: Ansicht des Doms von Südwesten (Diese recht präzise Ansicht zeigt den Dom, wie er in der Frühen Neuzeit von den Kaisern und Prinzipalkommissaren genutzt wurde. Sowohl die Turmoktogone wie das Gewölbe der Vierung fehlten. Letztere wurde erst 1697 durch eine heute verlorene barocke Kuppel geschlossen. Am unteren Bildrand finden sich die Wappen der Mitglieder des Domkapitels), Kupferstich, 1593, Museen der Stadt Regensburg

Literaturhinweis

Achim Hubel, Manfred Schuller: Der Dom zu Regensburg, 3 Bde., Regensburg 2013-2016.

Barbara Stollberg-Rilinger: Des Kaisers alte Kleider. Verfassungsgeschichte und Symbolsprache des Alten Reiches, München 2008.

Karl Möseneder (Hg.): Feste in Regensburg. Von der Reformation bis in die Gegenwart, Regensburg 1986.

Teilen Sie diesen BeitraG

Das könnte Sie auch interessieren:

Gesandtschaften
Neue Waag

Seit 1441 im Besitz der Stadt Regensburg nutzte man das Anwesen am Haidplatz als städtische Waage. Schon im 16. Jahrhundert wurde es dann zu einem

Read More »
Konfessionen
Niedermünster

Unweit des Regensburger Doms liegt der Gebäudekomplex des ehemaligen Damenstifts Niedermünster. Wahrscheinlich im 8. Jahrhundert gegründet, wurde das Frauenkloster Niedermünster 1002 zum Reichsstift erhoben und

Read More »
Gesandtschaften
Altes Thurn und Taxis Postamt

Die Thurn und Taxis entwickelten ab 1490 im Auftrag Kaiser Maximilians I. ein revolutionäres Kommunikationssystem, das nahe und weitentfernte Gebiete des Heiligen Römischen Reiches miteinander

Read More »