Friedensbrunnen im Großen Rathaushof

Sarah Staufer

Reichsstädtische Brunnen als Wasserquellen und Repräsentationsorte

Meist auf zentralen städtischen Plätzen oder an Straßenkreuzungen gelegen, dienten Brunnen in der Frühen Neuzeit nicht nur als öffentliche Wasserquellen, sondern auch als Orte der Begegnung und des Austauschs. Privathaushalte wie Handwerksbetriebe oder öffentliche Institutionen waren auf das kostbare flüssige Gut angewiesen. Mit dem gezielten Ausbau der städtischen Wasserversorgung in Regensburg ab der Mitte des 16. Jahrhunderts wurden einige der zuvor hölzernen Brunnenkasten symbolträchtig ausgeschmückt, um das Selbstverständnis und Selbstbewusstsein der Reichsstadt zu repräsentieren. Aufwändig ausgestattete Brunnen waren zugleich Ausdruck wirtschaftlicher Blüte und politischer Programmatik der Reichsstadt. So ist es nicht verwunderlich, dass die Ausgestaltung an zentralen Plätzen der Stadt gelegenen Brunnen oft mit reichspolitischen Ereignissen einherging, die für Regensburg von Bedeutung waren. Wie in kaum einer anderen Reichsstadt gibt es in Regensburg gleich fünf, zwischen 1566 und 1721 errichtete Brunnen, die mit Symbolen des Heiligen Römischen Reiches und der Reichsstadt verziert wurden: den Adlerbrunnen, den Kurfürstenbrunnen, den Friedensbrunnen, den Justitiabrunnen und den Reichsstadtbrunnen.

Friedensbrunnen im Großen Rathaushof (Foto: Sarah Staufer)

Steinernes Symbol der Friedenswahrung

Der Friedensbrunnen wurde 1661 im großen Rathaushof errichtet, in den man durch das Gewölbe des Rathausturmes kommt. Als Bezugspunkt für die aufwändige und symbolreiche Ausgestaltung war wohl der Westfälische Frieden von 1648. Um die Macht des habsburgischen Kaisers einzuschränken und den Friedensvertrag zu wahren, schlossen sich schon 1658 bedeutende Reichsstände, darunter fünf der acht Kurfürsten, weitere katholische wie evangelische Reichsstände sowie Schweden und Frankreich, zum ersten Rheinbund zusammen. Sie einte das Misstrauen gegenüber dem habsburgischen Kaiserhaus, das mit der Wahl und Krönung Kaiser Leopolds I. (1658-1705) seinen Anspruch auf die Kaiserwürde verteidigt hatte. Gerade für die vom katholischen Kurfürstentum Bayern umgebene Reichsstadt Regensburg erschien die Sicherung des Westfälischen Friedens als überlebenswichtig.

Symbiose von Kaiser und Reichsstadt

1659 erteilte der Regensburger Rat dem Regensburger Bildhauer Leoprand Hilmer den Auftrag, einen figürlichen Brunnen zu gestalten, der allerdings etwas kleiner als der Justitiabrunnen ist. Er wurde 1661 fertiggestellt, wobei Hilmer für die Brunnenstatue und den aufwendig ausgearbeiteten Zierrat am Brunnentrog die eher bescheidene Summe von 66 Gulden erhielt. Auf der Vorderseite des sechseckigen Brunnentrogs aus Kalkstein, ist der kaiserliche Doppeladler zu erkennen. Er trägt eine Mitrakrone als Zeichen für die Herrschaft über das Reich und in den Klauen das Reichsschwert sowie ein Füllhorn mit Reichsapfel und Reichszepter sowie der böhmischen und der ungarischen Krone, denn die Kaiser waren auch Könige von Ungarn und Böhmen. Der viergeteilte Brustschild zeigt deshalb auch das böhmische und das ungarische Wappen, die von der Ordenskette des Goldenen Vlieses umgeben sind. Auf der rechten Schrägseite befinden die zwei gekreuzten Schlüssel des Regensburger Stadtwappens. Die übrigen Seiten sind mit Engelskartuschen verziert, die als Symbol des Heils zu verstehen sind.

Reichswappenwappen im Sockel (Foto: Sarah Staufer)

Regensburger Stadtwappen am Brunnensockel (Fotos: Sarah Staufer)

Mahnung an die Reichsstände

Die Brunnenfigur stellt die Personifikation des Friedens dar. Die nach zeitgenössischer Vorliebe in antikische Gewänder gekleidete Frauenfigur hält in ihrer rechten Hand einen bronzenen Palmzweig, in ihrer linken ein Taubenpaar als Sinnbild des religiösen Friedens. Gleichzeitig steht das Taubenpaar womöglich auch für die Treue der Reichsstadt gegenüber dem Kaiser. Die entblößten Brüste symbolisieren Wahrheit und tugendhafte Reinheit. Die drei Löwen im Brunnenstock verbildlichen wohl die Tugenden der Stärke, des Mutes und der Mannhaftigkeit als Fundament des Friedens, der auf diese Weise als wehrhafter Frieden dargestellt wird. Über die Errichtung dieses Brunnens im Rathaushof schreibt sich die Reichsstadt diese Tugenden einerseits selbst zu. Andererseits ist die symbolische Gestaltung des Brunnens aber auch als Mahnung an die bei Reichstagen oder Wahl- und Krönungstagen hier versammelten Reichsstände zu verstehen. Diese tagten im Rathaus, weshalb ihnen diese Friedensallegorie täglich vor Augen stand, während die Regensburger Bevölkerung den Brunnen im Alltag aufgrund seiner Lage im Innenhof sicher wenige häufig vor Augen hatte.


Literaturhinweis

Helmut-Eberhard Paulus: Wasser im Dienste reichsstädtischer Repräsentation. In: Historischer Verein für Oberpfalz und Regensburg. Verhandlungen des Historischen Vereins für Oberpfalz und Regensburg 136 (1996), 33-38, 40f.

Helmut-Eberhard Paulus: Wasser im Dienste reichsstädtischer Repräsentation, in: Historischer Verein für Oberpfalz und Regensburg. Verhandlungen des Historischen Vereins für Oberpfalz und Regensburg 136 (1996), 33-38, 40f.
(heimatforschung-regensburg.de/2407 )

Elke Masa: Freiplastiken in Regensburg. Brunnen, Denkmäler, Freiplastiken und Installationen im öffentlichen Raum der Stadt, Neustadt an der Aisch 2005, 47f.

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